Arthur Eloesser: Die Karschin

Hätte ich nur nicht – das ist ein mehr als müßiger Gedanke, wenn man denn doch hat. Wäre ich dereinst nach einer „Jungfrau von Orleans“ alsbald in mein Auto gestiegen und nicht erst am folgenden Morgen, ich wäre wohl nicht bei Kilometer 162,5 von der Autobahn A 9 geflogen, ein doppelter Splitterbruch der Lendenwirbelsäule wäre mir erspart geblieben. Ich wäre zwölf Jahre später dann allerdings auch nicht mit meiner absoluten Spinalkanalstenose in Halle zur Operation gelandet, sondern – wo auch immer. Dergleichen nennt man gemeinhin das Leben. Also habe ich aus reiner Neugier und weil etwas Zeit blieb, zu meinen Hermann-Hesse-Bänden gegriffen, die Register zu befragen, ob der Meister des Lesens, der Buch-Empfehler reinsten Wassers, denn auch einmal auf Anna Louisa Karsch gekommen ist. Nach vier Bänden „Die Welt im Buch“ schon milde enttäuscht, fand ich schließlich in Band V doch noch eine freilich winzige Stelle, pure Erwähnung ohne jede weitere Substanz. Hesse stellte einen 1934 im Züricher Verlag Max Niehans erschienenen Sammelband vor, Herausgeber Eduard Korrodi, mit dem eher nüchternen Titel „Deutsch-Schweizerische Freundschaft. Briefe aus zwei Jahrhunderten“. Die fünf Antiquariate, die das Buch heute anbieten, schwanken in ihren Seiten-Angaben zwischen 290 und 296 Seiten.

„Übrigens wird auch der Belesene darin keineswegs nur Wohlbekanntes, sondern manches Neue und Unbekannte, auch manches Amüsante finden. Stücke wie der Brief der Karschin an Sulzer, der Brief Pestalozzis an Zinzendorf und manche andere …“. Hesse nahm ganz offenbar an, dass seine Leser, sein Beitrag erschien im Februar 1935 im „Schweizer Journal“, schon wussten, wer denn die Karschin, wer Sulzer war, von Pestalozzi und Zinzendorf nicht erst zu reden. Der Herausgeber der Hesse-Werke aber, der unermüdliche Volker Michels, war da skeptischer. Er ließ hinten im Band eine Anmerkung drucken, die da lautet: „Die Vers- und Gelegenheitsdichterin Anna Luise Karschin (1722 – 1791), die etwa ab 1760 zu schreiben begann, nachdem sie von Baron von Kottwitz entdeckt und nach Berlin gebracht worden war. Dort wurde sie von Ramler, Mendelssohn, Lessing und dem Schweizer Philosophen und Pädagogen Johann Georg Sulzer (1720 – 1779) gefördert.“ Mehr Falschinformationen kann, abgesehen von der Schreibweise des Namens, eine solche knappe Fußnote kaum enthalten. Wo immer Volker Michels sich dazu vorher informierte, es war eine untaugliche Quelle. Wem immer die Prüfung alles Faktischen im Lektorat oblag, er hat großzügig darauf vertraut, dass schon niemand etwas merken würde: wer liest denn schon Fußnoten?

Hätte zum Beispiel mein Doktor-Vater selig die Fußnoten geprüft, die ich meiner 120 Seiten langen Dissertation anhängte, wäre ihm aufgefallen, dass einige Stellen, die er früher moniert hatte, dort im Originaltext wieder auftauchten, es waren regelmäßig Passagen, die kritisch auf sowjetische Fachtexte eingingen, was auch Mitte der achtziger Jahre in der damaligen DDR wenig opportun war. Er prüfte aber nicht, Zweit- und Dritt-Gutachten hätten selbst bei gutem Willen nichts merken können, weil sie die Entstehungsgeschichte des finalen Textes nicht kannten. Die Karschin, den Gedanken zu Ende zu bringen, war schon bekannt (vor allem im schlesischen Glogau), ehe sie „entdeckt“ wurde, Lessing hat von ihr keinerlei Notiz genommen, geschweige denn, sie gefördert, auch Mendelssohn und Ramler haben keine Aktie an ihrer literarischen Karriere in der Hauptstadt Preußens. Sulzer dagegen war unter anderem Empfänger jener Briefe von Anna Louisa Karsch, in denen sie ihre Autobiographie zu Papier brachte für die erste Ausgabe ihrer Gedichte, für die Sulzer selbst und der Halberstädter Gleim als Herausgeber zeichneten. Das Gleim-Haus in Halberstadt bewahrte lange den rund 1500 Stücke umfassenden Briefwechsel Karschin-Gleim, bis dieser selbst zu einer umfänglichen Buchausgabe wurde, natürlich nie ein Anwärter auf die Bestseller-Liste.

Der Literaturhistoriker, der Kritiker Arthur Eloesser kannte natürlich die Karschin. So fehlt sie auch nicht in seiner zweibändigen Literaturgeschichte, bei Paul Cassirer 1930/31 in Berlin erschienen. Aber sie kam dort so knapp weg, dass man ihre Behandlung stiefmütterlich nennen müsste, wenn Eloesser denn für solch mild diskriminierende Bezeichnung überhaupt in Frage käme. Einmal hieß es über Johann Wilhelm Ludwig Gleim (2. April 1719 – 18. Februar 1803): „… er hat Goethe, aber auch die Karschin, die von Friedrich dem Großen die berühmte Ehrengabe von zwei Talern erhielt, mit demselben immergrünen Enthusiasmus begrüßt.“ Und dann noch einmal, das Personenregister nennt statt der richtigen Seite 243 dazu die falsche 245, der Goethe-Bezug: „Als Goethe im Jahre 1779 im Gefolge Karl Augusts nach Berlin kam, besuchte er die Dichterin Anna Luise Karsch; es war für den von Nicolai angegriffenen Dichter des Werther die einzig mögliche Huldigung an die dort vertretene Literatur, da er Moses Mendelssohn wegen seiner Freundschaft mit dem Gegner umgehen musste.“ Tatsächlich war Goethe im Mai 1778 in Berlin für wenige Tage (und später nie wieder), aber das mag ein schlichter Druckfehler sein. Weiter hinten im Band, im biographischen Abriss zu Goethe vor der „Italienischen Reise“, findet sich der Berlin-Trip ohne eine Zeitangabe.

Es wäre sicher weit überzogen, jenem Beitrag Eloessers eine Wiedergutmachungsabsicht zu unterstellen, der als seine vorletzte Arbeit in der „Vossischen Zeitung“ erschien, am 6. März 1934. „Die Karschin. Vom Leben und Schaffen einer vergessenen Dichterin“ bezog sich an jenem Dienstag, dreieinhalb Wochen vor dem endgültigen Verschwinden des altehrwürdigen Blattes vom deutschen Zeitungsmarkt, auf kein aktuelles Jubiläum der Dichterin, sie hatte weder einen runden Geburtstag noch einen solchen Todestag. Wohl aber war ein Buch erschienen, Titel „Die Karschin. Friedrichs des Großen Volksdichterin. Ein Leben in Briefen“, eingeleitet und herausgegeben von Elisabeth Hausmann, Frankfurt am Main: Societätsverlag 1933; 409 Seiten mit 31 Abbildungen, antiquarisch derzeit schon ab 3 Euro plus Versandkosten zu haben. Dieses Buch war, den kürzlich im Alter von 95 Jahren verstorbenen Gerhard Wolf zu zitieren, der eben nicht nur Ehemann von Christa Wolf war, die „bisher umfangreichste Sammlung von Briefen der Karschin“ mit einem für ihn klaren Mangel: „Die Briefe der Karschin an Gleim erscheinen dort in Auswahl, auszugsweise und nicht nach wissenschaftlichen Kriterien ediert, nicht ohne willkürliche Veränderungen.“ Wolf ordnet die Wiederentdeckung der Karschin „im Zuge völkischer Ideologie“ in den 30er Jahren ein.

Seine 1981 im Buchverlag Der Morgen Berlin erschienene Karschin-Sammlung „O, mir entwischt nicht, was die Menschen fühlen“ nennt leider ein falsches Erscheinungsjahr, 1938 statt 1933, was möglicherweise auch seine Überlegungen bestimmte. Die von Wolf genannte Lulu von Strauß und Torney schrieb von einer „Ahnenreihe deutscher Frauendichtung“, was sicher völkisch gemeint war. Was bei Herausgeberin Hausmann zu überprüfen, aber keineswegs automatisch vorauszusetzen wäre. Arthur Eloesser jedenfalls hat bei seiner Besprechung des Buches keine Gedanken in diese Richtung gewendet. Ist Herausgeberin Hausmann identisch mit der Bremer Künstlerin Elisabeth Hausmann (29. März 1881 bis 13. November 1961), nach 1933 Mitglied der Reichskulturkammer und eine angesehene Lehrerin für Kunstmalerei, dann deutet das freilich in diese Richtung. Laut Bremer Frauen Museum gab sie ihre „bis dahin starken impressionistisch und expressionistisch gehaltenen Kompositionen auf“ und durfte wohl auch deshalb mehrfach an den so genannten Reichs-GEDOK-Ausstellungen teilnehmen, unter anderem 1942, dem Jahr, als sich das vormalige jüdische Vorstandsmitglied Ida Dehmel das Leben nahm. Ob und wie eventuell ihre angepasste Überlebensstrategie in ihre Karschin-Sammlung von 1993 einfloss, kann hier kein Thema sein.

„Manche Menschen kommen nur mit einem einzigen Augenblick ihres Lebens oder mit einer Anekdote, die sogar wahr sein darf, auf die Nachwelt.“ Schreibt Eloesser und meint die Geschichte mit den zwei Talern, die Friedrich der Große der Dichterin schenkte und die sie stolz und mit Reimen begleitet zurückwies. Die er selbst, siehe oben, in seiner Geschichte der Literatur vom Barock bis zur Gegenwart verwendete, ergänzt nur noch durch den Goethe-Besuch in Berlin, der bis heute immer wieder einmal neu thematisiert wird, auch wenn sich keinerlei neue Erkenntnisse dazu ergeben haben. Irgendein Verlag druckt das schon oder macht wenigstens ein e-Book daraus. Aus der Hausmann-Sammlung aber filtert der Kritiker die Korrektur zur Anekdote: zwischen der Audienz 1763 und der Gabe jener zwei Taler lagen nicht nur zehn Jahre, sondern auch 70 Taler. Am Ende ihres nicht ganz siebzigjährigen Lebens ist die Karschin nicht nur als erste Frau in Preußen in die Geschichte eingegangen, die eine Scheidung erreichte, sie ist sicher auch die erste, der ein König (Friedrich Wilhelm II.) ein dreistöckiges Haus bauen ließ. Bis heute gehen Biographen und Jubiläums-Feuilletonisten großzügig darüber hinweg, als wären solche Immobiliengeschenke selbstverständlich wie die Gardemaße im preußischen Heer. Das aber waren sie keineswegs.

„Ich habe das vierhundert Seiten starke Buch nicht ohne Bedenken in der Hand gewogen, und habe es schließlich aus der Hand gelegt mit dem Bedauern, dass es nicht noch dicker war.“ Ein heutiger Print-Kritiker müsste wahrscheinlich, wenn er ehrlich wäre, schreiben: „Ich habe an sechs Stellen im Buch geblättert und sogar ein Stück Vorwort gelesen, für drei flache Spalten im Blatt reicht das allemal.“ Vielleicht aber ist alles ganz anders heute. „Man nimmt manches Vorurteil und Lächeln gegen eine Dichterin zurück, die gewiss zu der gefährlichen Art der stets bereiten Improvisatoren gehörte, die aber doch mit einer Naturstimme sang, wenn sie nicht gerade der uns am unleidlichsten gewordenen Literaturmode der süßlich verspielten Anakreontik nachgab.“ Eloesser sah sich im Umgang mit einer Frau aus dem Volke, was ihm offenbar wichtig war und im Buch auch „ein ungemein beredtes Stück Berliner Lokalgeschichte“, die ihn bis zu seinem Tod am 14. Februar 1938 im Berliner Jüdischen Krankenhaus immer wieder und immer neu interessierte. Aus der frühen Biographie greift er mit sicherem Instinkt Momente wie diesen heraus: „Ihre Mutter verheiratete sie so schlecht und armselig, wie sie sagt, dass sie beim Stillen ihrer Kinder nicht einmal das unentbehrliche Bier bekam.“ Noch in meiner Kindheit nannte man klebsüßes Malzbier Mutterbier.

„Den ersten Mann wurde sie durch Scheidung los, den zweiten, dessen Namen sie dann behielt, mit Hilfe einsichtiger Freunde nur dadurch, dass sie ihn unter die Soldaten stecken ließ.“ Bei einem Rinderhirten lernte sie Lesen und Schreiben, „und sobald sie den Anfang aller Wissenschaft meisterte, konnte sie auch dichten“. Sie machte Gelegenheitsgedichte zu allen nur denkbaren Familienangelegenheiten. „Das war im 18. Jahrhundert noch ein Handwerk, heute eine Industrie, deren Erzeugnisse man fertig gedruckt im Papierladen kauft“. Hochmut, will das wohl heißen, ist hier nicht angebracht. Wobei eine spezielle Art von Gelegenheit von Beginn an herauszuheben war: „Es gab vor allem keinen Sieg Friedrich des Großen, den sie nicht in einer heroischen Ode feierte; alle seine Feinde wurden in ihren Versen noch einmal niedergeworfen.“ Wer sich später über bestimmte Blutrünstigkeiten bei Heinrich von Kleist erregen musste, hätte das auch bei der Karschin schon gekonnt. Arthur Eloesser erspart seinen Lesern ein Zitat, wie es Gerhard Wolf fünfzig Jahre später nicht verschmäht: „Geschwungne Säbel spalten / Den Kopf und von Gehirn noch warm / Zerfleischt das Schwert die Eingeweide“. Wolf verrät auch, dass die Dreijährige beim Anblick einer Enthauptung auf dem Arm ihrer Großmutter reimte: „Schwabb, war er ab!“

Im 18. Jahrhundert war der Anblick einer Hinrichtung noch ein öffentliches Ereignis für die ganze Familie und löste keine dauerhaften Gegnerschaften gegen die Todesstrafe aus. „Ein Blumensamen stirbt in unbetautem Sande, / Keimt auf des Steines Rücken nie.“ Eloesser zitiert Verse, die vermeintlich eine Selbstüberhebung der Dichterin bezeugen und weist sofort darauf hin, dass mit dem Wort Genie damals kaum mehr als Talent gemeint war. Im Vergleich mit den Zeitgenossen Gleim und Ramler sieht er bei ihr mehr Talent, stellt sie eher neben Ewald von Kleist, den er beiden damit eindeutig vorzieht. Die Karschin „hat ein Stück gesunder Volkhaftigkeit nie verloren, oft ein echtes Temperament ausgegeben, vor allem aber ihre Erfahrungen, tröstliche und sehr bittere, von denen sie gewiss mehr hatte als die dichtenden Professoren und Schulmänner, Kriegsgerichtsräte und Zollbeamte.“ Eloesser findet es anmerkenswert , dass Friedrich Wilhelm von Seydlitz (3. Februar 1721 – 8. November 1773), Generalleutnant der preußischen Kavallerie, die Karschin förderte, „bei dem man wohl sonst literarische Beziehungen nicht vermutet hat.“ Gleims Verdienste sieht er ganz sicher zutreffend vor allem in der Edition der Gedichte der Karschin, ihre seltsame Beziehung wurde damals vor allem von ihr verkannt und sehr lange sehr verschämt missdeutet.

Heute gilt als erwiesen, dass Gleim Männer und nicht Frauen liebte, dass er aus diesem Grund die ihn Anhimmelnde, ihn Verehrende und ihm auch unzweideutige Angebote Machende letztlich stets zurückwies. Was ab 1933 und später ins KZ führen konnte, was auch nach 1945 im Westen Deutschlands deutlich länger als im Osten noch Straftatbestand war, das wurde in einschlägigen Literaturgeschichten natürlich allenfalls angedeutet, Signalwörter wie Hagestolz weisen bisweilen in diese Richtung. Eloesser hat, so jedenfalls könnte man sein „er liebte Phyllis und Chloe nur auf dem Papier“ verstehen, gewusst, was da war und was nicht. Es trägt allerdings auch bestenfalls zur Kenntnis des Lebens, kaum zur Kenntnis der Gedichte etwas bei. „Als die Dichterin in Berlin einzog, war sie so gut wie in Glogau eine Berühmtheit, ein Gegenstand der Verwöhnung, von adligen und reichen Leuten an die besten Tische geladen, mit Geld, Schmuck, Kleidern beschenkt, wofür sie ihre immer bereite Muse schon im Augenblick des Empfangens danken ließ.“ Diese Gabe sollte niemand geringschätzen, selbst die berühmten „Reim dich oder ich fress dich“-Verse, die jeder von uns schon einmal bei irgend einer Goldenen Hochzeit oder zu einem runden Geburtstag vernehmen durfte, wollen erst einmal gedichtet sein und finden oft mehr Beifall als hohe Lyrik.

„Ihr Lebenstraum ging erst der Fünfundsechzigjährigen in Erfüllung und erst durch den Thronfolger Friedrich Wilhelm II., wenn sie auch von dem keine Siege zu besingen hatte. Sie bekam nicht gerade ein Landgütchen, sondern ein dreistöckiges Haus hinter der Garnisonkirche, wohl an der Spandauer Brücke, was sie damals noch als eine halb ländliche Gegend mit schöner Aussicht auf viele Nachbargärten rühmen konnte.“ Im Vorfeld des 300. Geburtstages der Anna Louisa Karsch im vergangenen Jahr wurde just das längst verschwundene Haus sogar ein Tourismus-Faktor. Der ausgewiesene Berlin-Autor Michael Bienert betätigte sich auch als Stadtführer auf ihren Spuren und zeigte die Stelle, wo das Haus vermutlich stand. Bernadette Conrad begleitete ihn einmal und ließ die Nutzer der Berliner Zeitung anschließend ihren Report lesen. Für Neues Deutschland, das gleich anzuschließen, arbeitete der vermutlich dienstälteste Jubiläumsfeuilletonist, Klaus Bellin (Jahrgang 1935), von Schreibtisch und Archiv aus. Den Bienert überging er großzügig, den Gerhard Wolf dafür würdigte er wie auch Annett Gröschner, die auf 30 Druckseiten den Berliner Spaziergängen der Dichterin folgte. Was die Verdienste des Wallstein Verlages Göttingen um die Karschin betrifft, war er nicht durchweg gut informiert. Das fällt unter die lässlichen Sünden. In gute Gesellschaft.

Arthur Eloesser verschweigt ersten Ärger nicht, den die frischgebackene Hausbesitzerin hatte: sie bekam militärische Einquartierung, vier Husaren. Acht Taler musste sie zahlen, die Herren wieder loszuwerden. Auf ihre Nachfahren, auf Tochter Karoline, auf Enkelin Helmine und deren Sohn, dessen Namen er nicht nennt, geht er nur kurz ein, sie alle haben auch gedichtet und geschrieben, die Enkelin Helmine noch am besten, wie in anderen Zusammenhängen nachlesbar. Der Name des Urenkels sei hier nachgetragen: Wilhelm Theodor von Chézy (21. März 1806 – 14. März 1865). Er hinterließ ein beachtlich umfangreiches Werk, ist aber vollkommen vergessen. Seine „Erinnerungen aus meinem Leben“ füllen immerhin vier Bände. Enkelin Helmine (auch Helmina bisweilen) verfasste eine erste Biographie ihrer Großmutter. Am Ende ihres keine siebzig Jahre währenden Lebens war die Karschin „eine alte Frau, die manchen Zeit- und Zunftgenossen schon etwas lästig geworden war durch ihr ewiges Kommen und Gehen und Ueberalldabeisein, die keine Tür für verschlossen haltend sich zu den Prinzessinnen laden ließ“. In seinem letzten Buch „Vom Ghetto nach Europa“ erwähnt Eloesser sie nochmals und letztmalig, als „die von Schlesien nach Berlin verschlagene Naturdichterin“. Ihn selbst hat im Zusammenhang mit ihr bis heute niemand erwähnt.


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