Friedrich Michael zum Gedenken (1)

Dass ein in vielen Dienstjahren erprobter Medizinalrat seiner Stadt mit einem Gedicht als Geschenk aufwartet, ist wahrscheinlich eher die Ausnahme als die Regel. Dass das Gedicht aber weder mit der Profession des Schenkenden noch mit der Stadt, in der er mehr als 45 Jahre seines Arztlebens verbrachte, direkt zu tun hat, ist fast noch wundersamer. Immerhin, das sieben Strophen umfassende gereimte Werk entstand in Ilmenau, die gedruckte Fassung im Archiv der Stadt in den Katakomben der Festhalle wartet mit der handschriftlichen Angabe „Ilmenau, Sommer 1937“ auf.
 
Überliefert ist natürlich auch das Datum der Übergabe, es war der 13. Juni 1938. Der Mann, der es Ilmenau schenkte, hatte da noch gut 14 Monate zu leben, was er wohl nicht ahnte. Er starb in Ilmenau genau einen Tag, bevor mit dem Überfall auf Polen der zweite Weltkrieg seinen verheerenden Lauf nahm. Am 31. August 1939 endete das Leben des Medizinalrats Dr. med. Wilhelm Walther Michael, der am 28. Januar 1865 in Mügeln geboren war von Ida Marie Michael, der Frau des Ziegeleibesitzers Wilhelm Otto Michael.
 
Unterlagen zu diesem Arzt finden sich in der als Ruheakte abgelegten „Akte der Stadtgemeinde Ilmenau betreffs Anstellung des hiesigen Stadtphysikus“, begonnen 1816, 1922 weggelegt, einer Akte also, die reichlich hundert Jahre geführt wurde. In den „Adreßbüchern von Bad Ilmenau“, deren ältestes vorhandenes aus dem Jahr 1896 stammt, ist die Anschrift von Dr. Michael mit Brauhausstraße 1 angegeben, später ist es die  Schwanitzstraße 6 für ihn und seine Familie. Dort hat heute Marek Schramm sein Domizil.
 
Dr. Walther Michael hat sich in Ilmenau nicht nur als Arzt einen Namen erworben. Er war Mitglied diverser Gremien und Ausschüsse, so im 1883 erstmals konstituierten Bade-Komitee, im Wohlfahrtsausschuss, im Lungenfürsorgeausschuss, im Schulvorstand und, wen überrascht es, im Gesundheitsausschuss der Stadt. Sprechzeiten hielt er übrigens, als er noch in der Brauhausstraße praktizierte, von 8 bis 9 und von 12 bis 1 Uhr.
 
Das Sterbebuch, das die Ilmenauer Friedhofsverwaltung bewahrt, nennt als Todesursache des Arztes „Herzschlagadernverkalkung“, die Einäscherung erfolgte am 4. September 1939, einen Tag später fand die Urne ihre letzte Ruhestätte im Rabattenplatz 211. Dorthin kam nach ihrem Tod auch Michaels Gattin Marie Minna Pauline Hedwig Michael, geboren am 9. September 1869 in Großpaschleben, gestorben am 22. April 1946 in der Herderstraße 47, wohin sie nach dem Tod ihres Mannes gezogen war. Das Paar war bereits verheiratet, als es nach Ilmenau kam, hier aber wurde 1892 ihr Sohn Friedrich Wilhelm geboren.
 
Und dieser Sohn war der Verfasser des gedruckten Gedichtes, das den schönen Titel „Thüringer Rostbratwurst“ trägt und vielleicht im Original dem Bratwurstmuseum in Holzhausen geschenkt werden könnte. Das jedenfalls soll in der Ilmenauer Stadtverwaltung schon erwogen worden sein. Kostprobe gefällig: „Denn seit der Kindheit, da mit dreien Jahren / Die erste Rostbratwurst bezwungen ward, / Hat nie des Bratrosts Kunst sich offenbart / So zauberhaft, wie ich sie jetzt erfahren.“
 Zuerst veröffentlicht in: THÜRINGER ALLGEMEINE Ilmenau, 8. Mai 2008 unter der
 Überschrift „Zauberhafte Bratwurst-Kunst“, Manuskriptfassung


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