Franz Hohler: Der Verkäufer und der Elch

Wer eine Schreibmaschine benutzt, weil er seine Verlautbarungen leserlich und mit vier Durchschlägen sehen möchte, hat aller Wahrscheinlichkeit nach ein recht sachliches Verhältnis zu den schwarzen Tasten, auf die er mit vier Fingern haut. Er kennt natürlich das Klingeln vorm Anschlag, aber der Gedanke, dass da noch mehr zu machen sei, wird ihm kaum kommen. Franz Hohler (Jahrgang 1943) hat die Idee gehabt, eine „Ballade von den Wörtern“ zu schreiben und sie mit Schreibmaschinenbegleitung vorzutragen.

Nun kommen ja wiederum die wenigsten Balladen-Schreiber in die Verlegenheit, ihr Werk vortragen zu müssen, es sei denn, es ist gerade eine Lyrikwelle angesagt, dann aber sind ja die tradierten Formen nicht gleich zur Hand oder sie sind absichtsvoll unter den Teppich gekehrt worden. Franz Hohler dagegen muss vortragen, weil er nämlich ein Vortragskünstler ist, manche nennen das auch einen Kleinkünstler im Unterschied zum Großkünstler, welcher als Hamlet verkleidet vorgibt, sich mit tiefsinnigen Fragen herumzuschlagen.

In der „Ballade von den Wörtern“ jedenfalls steht: „Friiiiiiiiiiie – den !“ und vorher, damit keine Missverständnisse aufkommen, noch kursiv: „(militärische Rhythmen, Kriegsmarsch)“, und anschließend: „(schlecht zwischen Tasten, Beförderer und Umschalter)“. Das ist ein schönes Beispiel davon, dass man Bühnentexte zwar auch lesen kann, dass sie aber auf der Bühne (wo sonst) eben noch ganz anders wirken.

Die Herausgeberin und Nachwortverfasserin Annelie Wegener hat uns eine Franz-Hohler-Auswahl beschert, vom Hochglanzeinband schaut uns ein Bärtiger entgegen mit einer schwarzweißen Brille auf der Nase und, wie's aussieht, hat er die Lippen ein wenig abschätzend verzogen. Möglicherweise begegnet ihm nicht nur Wohlwollen auf seinen kabarettistischen und sonstigen Phasen, da muss er sich sein Publikum schon genau anschauen.

In der DDR war er schon leibhaftig, weshalb damit zu rechnen ist, dass auch der Bedarf vorhanden, etwas von ihm getrost nach Haus zu tragen. Das Buch hat den Vorteil, dass man es nicht auf einmal lesen muss. Wer Lust hat, über Grund- und Hauptthemen eines Schweizers nachzudenken, der die „cellistische Subkultur“ ebendort pflegt, mag dies tun, ich empfehle das Buch nur, weil ich auf meiner Schreibmaschine schon geübt habe.
Zuerst veröffentlicht in JUNGE WELT Nummer 18, am 22. Januar 1988, Seite 11
unter der Überschrift „Vier-Finger-Vortrag“, nach dem Typoskript


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