10. Dezember 2020

„Serieneinbruch im Magerviehhof Friedrichsfelde“, eine neunzig Jahre alte Zeitungsüberschrift erinnert mich an sieben Armee-Wochen des Jahres 1972. Der Magerviehhof war mein Quartier während der Vorbereitung der großen Mai-Parade. Ich lernte Querflöte spielen und Exerzieren im Stechschritt, was gleichzeitig zu absolvieren nicht ganz so einfach ist. Immerhin: nie vorher und nie nachher aß ich so viele Bananen wie damals in Uniform. Am Ende hörte uns niemand vor dem noch nicht einmal begonnenen Palast der Republik, weil hinter uns die Panzer dröhnten, wir hätten das Horst-Wessel-Lied blasen können und das Politbüro hätte trotzdem geklatscht. In den ersten Wochen des Jahres 1929 war Trotzki öfter in den Schlagzeilen, als ich je vermutet hätte. An Nelly Sachs müsste ich heute wenigstens ein bisschen denken, weil sie vor 50 Jahren starb, ich aber komme nicht einmal dazu, nach den Lesezeichen zu schauen, die in mehreren Büchern stecken.


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