Arthur Eloesser: Ludwig Tieck
Wer sich ein Bild von Arthur Eloessers Tieck-Bild machen möchte, muss sich auf eine Puzzlearbeit einlassen, wenn auch nicht mit tausend Teilen. So weit die Werkkenntnis es in ihrer Gebundenheit an den aktuellen Erschließungsstand der überaus zahlreichen Einzelveröffentlichungen hergibt, hat Eloesser niemals zusammenhängend über Ludwig Tieck geschrieben. Allenfalls eine Kritik an der Inszenierung von „Der gestiefelte Kater“ an der Berliner Volksbühne am Bülowplatz am 30. Dezember 1921, Regie Jürgen Fehling, als Kater Lucie Mannheim, könnte gegen diese Behauptung ins Feld geführt werden. Doch ist diese Kritik im Rahmen seiner regelmäßigen Tätigkeit für „Das blaue Heft“ kaum wirklich beweiskräftig, waren diese Arbeiten doch meist dadurch gekennzeichnet, dass sie als eine Art Wochen-Rückblick daherkamen und somit häufig mehrere Aufführungen an verschiedenen Theatern Berlins zum Inhalt hatten. Im Fall von „Der gestiefelte Kater“ stellte die Volksbühne selbst noch einen Hans Sachs voran: „Der fahrende Schüler bannt den Teufel“. Für die Ausgabe vom 7. Januar 1922 schrieb Eloesser außerdem über die Komödie „Annette“ von Theodor Tagger (Neues Theater am Zoo) und „Lumpaci vagabundus“ von Johann Nestroy im Staatstheater.
Der heutige 250. Geburtstag von Ludwig Tieck mag als Anlass ausreichen für eine Sichtung der Teilchen, die vielleicht ein Bild ergeben. „Ludwig Tieck war der erste Romantiker, den das Publikum las, und dem es jahrzehntelang treu blieb. Seine ungemein geistreichen literarischen Satiren gegen die aus dem 18. Jahrhundert verbliebenen Plattheiten der Aufklärung, gegen die durch die Träne versicherte Dramenproduktion des übrigens nicht minder witzigen Kotzebue mochten nur von Kennern gewürdigt werden. Aber er baute der Romantik das alte Deutschland auf mit den frommen Sängern und Malern, die große Dekoration der mondbeglänzten Zaubernacht, und er hielt sich als Muster einer besonnenen Erzählungskunst. Die bei ihm viel mehr erarbeitet als erschwärmt war. Eigentlich ein Realist der Romantik, die er immer mehr zu dosieren verstand.“ Das steht so im Band II der Literaturgeschichte, den Eloesser 1931 seinem Publikum präsentierte und enthält gleich zwei starke Thesen: der Romantiker, der auch gelesen wurde, der Realist der Romantik. „Ludwig Tieck hat die Nachlässe von Novalis und Heinrich von Kleist gerettet. Ein großes Verdienst. Aber er behauptete sich auch als kluger Förderer von zwei nachrückenden Generationen, und es ist bis zu Friedrich Hebbel kaum ein Dichter aufgetreten, der sich nicht bei dem alten Zunftmeister seinen Gesellenbrief geholt hätte.“ Das spricht für Tieck wie gegen einige Mitstreiter (oder Gegenstreiter?)
„Ludwig Tieck, der erste Produktive der Bewegung, wurde als Prätendent gegen Goethe aufgestellt; aber in der engeren romantischen Familie galt er als ein kleiner Judas, als ein Nutznießer, der ihre Inspiration und große Passion zu Papier machte und vorteilhaft an die Buchhändler verkaufte.“ Das erregt, wen überrascht diese Feststellung noch, immer den Neid aller weniger Erfolgreichen. Denn Erfolg, der idealerweise auch unten rechts in der Haushaltsbilanz als dicke schwarze Zahl auftaucht, wird nur von denen als negativ gesehen und beschrieben, denen der Weg zu ihm verstellt ist. Wenn Tieck ein Publikum hatte, während die „engere Familie“ sich nur gegenseitig las, die Verwandten ersten bis vierten Grades womöglich eingerechnet, dann reichte das im damaligen noch uneinigen Deutschland für einige Verdammung. Der Chor der Erfolglosen sieht korrumpierte Selbstaufgabe im Anblick jedes mit seinen breiten Hosenträgern schnipsenden Auflagenkönigs, Königinnen in aller Ausdrücklichkeit mitgemeint. Zur Seite gesprochen: auch hier waltet am Ende viel weniger Frauenfeindlichkeit im Literaturbetrieb als Neid: man stelle die Auflagenköniginnen des 18. und 19. Jahrhunderts neben die Hölderline dieser Welt, die auch mal Stéphane Mallarmé heißen dürfen: Neid pur oder Patriarchat? Wetten auf Antwort werden auch in England nicht mehr angenommen.
Es traf der verächtliche Blick ja keineswegs nur Ludwig Tieck, sondern zum Beispiel auch E. T. A. Hoffmann: „Unsere älteren Romantiker, gegen populäre Erfolge immer eingenommen, verwiesen ihn gleich Tieck in den zweiten Rang“ hält Eloesser fest und zieht zugleich eine nahezu kompakte Linie oder Spur durch seinen Band II, die wieder und wieder den Namen Tiecks mit anderen verbindet: Tieck bringt Goethe den Cervantes nahe; Henrik Steffens arbeitet in Jena mit den Schlegels und Tieck am „Athenäum“ (über den Nachlass von Steffens hat Eloesser übrigens ein eigenes Feuilleton geschrieben: „Aus Henrik Steffens Erinnerungen“, Vossische Zeitung am 24. Juni 1909); Georg Friedrich Creuzer arbeitete an den Jahrbüchern von Joseph Görres mit Tieck; Clemens Brentano traf Tieck in Jena; Adam Müller war wie Tieck Berliner und mit ihm befreundet; Kleist verkehrte in seinem Dresdener Jahr mit Tieck; Tieck gehört zu den Entdeckern Mörikes; Tieck hat sich bei Justinus Kerner erholt; Tieck besucht 1825 das Burgtheater Wien; Tieck begrüßt die Gründung des Königstädter Theaters in Berlin; Tieck mahnt das Talent Carl Wilhelm Salice Contessa, der mit romantischen Märchen an die Öffentlichkeit trat. Tieck-Bezüge durchziehen diese Literaturgeschichte, finden sich verstreut schon 1898 in seiner Geschichte des bürgerlichen Dramas.
Verharren wir noch kurz bei Kleist: „Ludwig Tieck, der verdienstvolle Herausgeber der Werke, schreibt von Heinrich von Kleist: Hätte der edle Freund der Befreiung seines Vaterlandes im Jahr 1813 erlebt, er wäre glücklich geworden. Diese vulgäre Auffassung hat sich zu lange erhalten, auch als der Dichter schon berühmt, als sein Werk zu einem Nationaleigentum geworden war. Mit tiefer Einsicht sagt Tieck ein andermal, daß seine häufigen schweren Krankheiten vorzüglich Folgen seines zerrütteten Gemüts gewesen sein könnten; man wird versucht anzunehmen, dass schon von früher Zeit eine dunkle Macht ihn geistig von innen heraus zerstört habe.“ „In dem Dresdner Jahr verkehrte Kleist mit Ludwig Tieck, der ihm das „Käthchen von Heilbronn“ durch seine Ratschläge abgeschwächt haben soll“. Eloesser geht diesem Gerücht nicht weiter nach, auch an dieser Stelle ist es nicht möglich. Und immer wieder einzelne Aussagen zur Droste, zu Hebbel, zu Grabbe, der zu Tieck nach Dresden kam, zu Karl von Holtei, der zum besten Vorleser nach Tieck wurde. 1828 gab Tieck die Schriften von Jakob Michael Reinhold Lenz heraus (auch hier existiert ein Eloesser-Text für die Vossische Zeitung, gedruckt am 7. Dezember 1901 unter der Überschrift „Lenziana“. Dort nennt der Kritiker den Historiker Rudolf Anastasius Köpke, den Verfasser der ersten großen Tieck-Biographie in zwei Bänden (Leipzig 1855), etwas abschätzig den „Adjutanten“ Tiecks.
In „Das Bürgerliche Drama. Seine Geschichte im 18. und 19. Jahrhundert“, Berlin, Verlag von Wilhelm Hertz 1898, schaut Arthur Eloesser auf den zu Lebzeiten erfolglosen Bühnenautor Tieck. Es ist von „den Schellentönen in Tiecks romantischen Satiren“ die Rede, namentlich genannt ist aber nur „Prinz Zerbino“, vollständiger Titel „Prinz Zerbino oder Die Reise nach dem guten Geschmack“, von Tieck selbst noch gekennzeichnet mit „Gewissermaßen eine Fortsetzung des gestiefelten Katers“. „Ludwig Tieck, der in seinem „Prinzen Zerbino“ ein Sündenregister solcher typisch gewordener Sentimentalitäten angelegt hat, läßt dort einen deutschen Mann herauspoltern. „Der Sohn untersteht sich Herr Vater zu sagen. Ich würde ihn kalten, herzlosen, nichtswürdigen undeutschen Schuft zum Hause hinauswerfen.“ Eloesser führt dazu eine Briefstelle von Tieck an Wackenroder an: „Unsre Verfassung duldet keine Codrus, Curtius oder Scävolas mehr, unsre bürgerliche Verfassung hat allen Patriotismus, alle großen Tugenden erstickt, nur die sanfteren, menschlichen sind noch übrig, um die Menschen über das Tier zu erheben, und auch diesen droht die schändliche Hand unsrer Frivolität, und sie wirkt leider auf unser Zeitalter mehr, als die Bürgerkriege Roms konnten.“ Tieck gab 1797 Aufsätze und Erzählungen seines Freundes unter dem Titel „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ heraus (1981 bei Reclam Leipzig).
Zu August Wilhelm Iffland, dem großen Schauspieler und erfolgreichen Dramatiker, hält Eloesser 1898 fest: „Darum athmet alles, was er geschrieben hat, den Geist der Mittelmäßigkeit, aber auch der Zuverlässigkeit und Treue. Ludwig Tieck hat diese Gesinnung des Mannes voll anerkannt, der nicht zu den Führern der Nation gehört, ihr aber treu gedient hat. „Das beste wie das schlechteste in Iffland ist deutsche Art und Weise.“ Fast vierzig Jahre später, in seinem letzten Buch „Vom Ghetto nach Europa. Das Judentum im geistigen Leben des 19. Jahrhunderts“, Berlin 1936, Jüdische Buch-Vereinigung, ist Ludwig Tieck für Eloesser „der einzige Dichter von Bedeutung, der in Berlin selbst geboren ist“, ist „ein Erhalter und Retter“. Jetzt tauchen auch neue Namen auf: Ludwig Robert, Willibald Alexis, David Ferdinand Koreff. Robert widmete seinem Freunde und Landsmann Ludwig Tieck die „Promenade eines Berliners in seiner Vaterstadt“; bei Tieck in Dresden traf ihn Willibald Alexis und der war dem „Erzromantiker Ludwig Tieck anhänglich, aber seinem Wesen nach doch ein Mann der Mitte“. Von Ludwig Börne schreibt Eloesser, er werde „nicht zu der Reihe der bedeutenden oder schöpferischen Theaterkritiker gerechnet, die mit Lessing beginnt und die sich mit Ludwig Tieck fortsetzte“. Ein Neudruck Tieckscher Theaterkritiken wäre sicher eine Tat.
Dass Tieck das neue Königstädter Theater begrüßte, ist oben bereits erwähnt, die bald folgende Enttäuschung aber fehlt noch: „Ludwig Tieck, der selbst mit seinen satirischen Märchendramen die Bretter nie gewonnen hatte, bewillkommnete enthusiastisch diese Neugründung als Gegner des gebildeten, des von Weimar verordneten Theaters, als alter Schwärmer für eine primitive, populäre Bühne, die wie in der Shakespearezeit aus einer innigen, anonym produktiven Gemeinschaft von Autor, Schauspieler, Publikum, von Wort, Musik, Tanz Clownerie neu entstehen sollte. Das Königstädtische Theater, wie seine Enttäuschung bald feststellen musste, wurde ein Theater wie alle anderen Theater“. Es schloss noch zu Lebzeiten Tiecks endgültig seine Pforten am Alexanderplatz, angeblich wegen vorhandener Baumängel. Ab 1852, Tieck lebte noch immer, führten andere Häuser den Namen, zunächst in der Charlottenstraße, wo aus ihm bald das Berliner Theater wurde, das später auch den Kritiker Eloesser erlebte. „Prinz Zerbino“ und „Der gestiefelte Kater“ waren für ihn die „witzigsten Leistungen der romantischen Literatursatire“. Ihnen schrieb er „Übermut und Angriffsgeist“ zu, was sicher auch seine Erwartungshaltung prägte, als er am 30. Dezember 1921 die Volksbühne am Bülowplatz betrat. Wie die Kollegen Monty Jacobs und Herbert Ihering auch.
Als „Der gestiefelte Kater“ 1797 in Berlin bei Carl August Nicolai zuerst gedruckt erschien, war als Autor auf dem Titel ein Peter Leberecht angegeben, der komplette Titel lautete „Der gestiefelte Kater, ein Kindermärchen in drey Akten mit Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge“. Im Jahr davor brachte derselbe Verlag „Peter Lebrecht. Eine Geschichte ohne Abentheuerlichkeiten“ auf den Markt, ein e weniger im Namen, der Autor hier Ludwig Tieck. Der sich den Namen als Pseudonym erwählte, als er für die „Straußfedern“ des Verlegers Nicolai tätig war. In die Bände 4 bis 8 dieser Anthologie gingen insgesamt 16 Tieck-Arbeiten ein, die erstmals komplett (so die Verlagswerbung) im Golkonda-Verlag neu gedruckt wurden, andere Ausgaben stammen aus dem Jahr 1923 oder 1974, letztere im Kiepenheuer Verlag Weimar. Von all dem erwähnt Eloesser nichts, ihm geht es um das „Literatenstück“, das eines war und doch auch wieder nicht und welches „den Vorzug hatte, von Ludwig Tieck zu stammen. Der wollte zwar nicht das Leben, aber unsere Träume gestalten und der ließ sich auch von Birkenbäumchen und Drosseln und sogar von ganzen mondbeglänzten Zaubernächten etwas vorsagen.“ Eine Literaturkomödie sei es eher, kein Literatenstück und deshalb: „Traum aller gelernten Germanisten, den „Gestiefelten Kater“ einmal zu sehen!“
„Aber das reine Vergnügen an der Sache übersprang doch den Nutzen eines Kollegs und der alte Spaß brauchte sich gar nicht von ganzen hundert Jahren zu entstauben. Theater auf dem Theater bleibt dankbar. Auch die ungelernten Zuschauer ließen sich recht willig auf die methodische Tollheit ein, die das romantische Märchen auf der Bühne und das Publikum davor und den verzweifelten Dichter und den beschwichtigenden Narren und den ganzen wild gewordenen Apparat des Theaters darüber und darunter wirbelt.“ Das Publikum der Volksbühne erlebte, für alle Nicht-Germanisten sei es erwähnt, eben nicht das alte Märchen pur als vergnügliches Spiel, es sah auf der Bühne ein anderes Publikum und diesem erschien der Kater. Und das war nicht etwa eine leidlich lustige Spielidee des Regisseurs Jürgen Fehling, den „Das blaue Heft“ (oder der Kritiker) zum Hans Jürgen Fehling machte, sondern das stammt von Tieck selbst. Der „wetteiferte mit keinen Kotzebues und Ifflands und er schrieb zu ihrer, zu ihres Publikums und ihrer Presse Verhöhnung eine Literaturkomödie.“ Eloesser sah, das macht ein Vergleich deutlich, das Publikum der Volksbühne, das Herbert Ihering „das ehrlichste Publikum Berlins“ nannte, weniger überfordert als der jüngere Kollege. Und hatte damit wahrscheinlich nur etwas weniger recht als dieser.
„Wenn Tiecks eigentliches Märchendrama, was er eben doch nicht gekonnt hat, in wirklichem Märchensinn wurzelte, so hätten wir etwas sehr Köstliches und noch viel mehr als Scherz, Satire, Ironie und tiefere literarhistorische Bedeutung vermacht bekommen. Wo ihm die Unschuld fehlt, musste die Darstellung unterlegen, die zu früh ironisierte. Oben auf der hübsch stilisierten Empirebühne gab es bei manchen dekorativen Scherzen Verlegenheit und Unzulänglichkeit. Trotz allen Stiefels muss der Kater zunächst ein Kater sein, aber der konnte weder springen noch Miau sagen und war ein wohlerzogenes Bürgerkätzchen, die sonst Lucie Mannheim heißt. Herr Hans Jürgen Fehling lässt es oft an der Ausprägung der einzelnen Darsteller mangeln; ihm fehlt oft das allseitige mimische Temperament, das Züge liefert und sich in kennbaren Typen vervielfältigt. Aber wenn er auch nicht immer nach den richtigen Instrumenten greift, auf das Dirigieren versteht er sich, auf Steigern und Verhalten, Ausbreiten und Zusammenziehen, und so hat er den Chor des johlenden, pfeifenden, vor allem kritisierenden Publikums mit viel Laune zu einem heiteren Finale geleitet.“ Der Germanist Eloesser aus der Schule Erich Schmidts sah sich letztlich gut unterhalten.
Arthur Eloessers Beitrag „Literatur“ zum großen Sammelwerk „Juden im deutschen Kulturbereich“, erst 1959 in zweiter, stark erweiterter Ausgabe im Jüdischer Verlag Berlin erschienen, gut zwanzig Jahre nach seinem Tod, bringt den Namen Tieck immerhin auch dreimal, fügt dem Bekannten aber nicht Neues hinzu. In „Zu Theodor Fontanes Nachlaß“, Vossische Zeitung vom 2. Februar 1908, finden wir dagegen dies: „Fontanes Liebe zur Wirklichkeit war ohne platte Nüchternheit, seine letzte literarische Wendung entsprach durchaus dem Gefühl für das, was gerade seiner Zeit nottat. Der Romantik blieb die Anhänglichkeit des alten Balladenfängers, er setzte sogar ihre Erzähler Tieck, Arnim, Eichendorff über Gottfried Keller, mit dem er sich immer merkwürdig scharf auseinandersetzt“ und ein reichliches Jahr später in „Aus Henrik Steffens Erinnerungen“, Vossische Zeitung vom 24. Juni 1909: „Wir können aus Steffens Erinnerung noch viele höchst interessante Seiten zu unserer Geistesgeschichte herausblättern. Da tritt der ganze glänzende Kreis der Romantiker zu Jena auf, da hören wir Tieck mit seiner vollkommenen Meisterschaft deklamieren“. Als eine Art letztes Wort dürfen wir Eloessers Lob der berühmten Caroline Schelling lesen.
„Es liegt Caroline daran, die Welt der Männer zu verstehen, die instinktiv erfassten Persönlichkeiten in der Versachlichung ihrer Werke wiederzufinden. Das ist der Weg der Frau vom Eindruck zur Ueberzeugung, und es dürfte kein Zeitgenosse in das Wesen der Schlegel, Tieck, Fichte, Schelling, Steffens, Novalis eine tiefere Einsicht gewonnen haben.“ Das zu entscheiden, bedürfte intensiver Nachforschungen und Vergleiche in den entsprechenden Aussagen. Bei der schon erwähnten Sicht vieler auf Tieck als den Mann der zweiten Reihe ist auch ohne Prüfung zu vermuten, dass Arthur Eloesser sehr berechtigt sein Fazit zog. Nicht obwohl, sondern eben weil, wie er schrieb, nur Tieck und Fouque die Grenze zum breiten Publikum ihrer Zeit überschritten: „Tieck war eine gute Unterhaltung, von der Romantik genährt, einer bürgerlichen Gegenständlichkeit genähert, und mit Fouque konnte man schmökernd schwärmen“. Heute, Geburtstagsgedenken her oder hin, dürfen neben und nach Berlin auch Jena und Dresden zurückblicken: „In Dresden war unter dem Wetterdruck von Norden her eine Insel der Literatur und Kunst entstanden. Ludwig Tieck hatte sich dort als selbständiger Chef der romantischen Schule niedergelassen“. Das bleibt ihm wie uns.